- Helden der Hinterhöfe
Klar, ein Boxster hat mehr Emotionen als ein Boxer, ein Daimler einen besseren Klang als ein Ducato und ein Jaguar mehr Stil als ein Jumper. Doch auch wenn diese Fahrzeuge keine klangvollen Namen haben und im Auto-Quartett kaum einen Stich machen, kommt man an ihnen nicht vorbei. Denn zusammen mit dem Mercedes Sprinter, dem VW Crafter, dem Ford Transit, dem Opel Vivaro und dem Renault Trafic bilden sie in ganz Europa das Rückgrat von Handel, Handwerk und Gewerbe. Nicht umsonst ist der Markt für leichte Nutzfahrzeuge in Europa in den letzten zehn Jahren um 60 Prozent von 1,3 auf mehr als 2 Millionen Fahrzeuge gewachsen.

Citroën Jumper: Hässliche Frontpartie, die angeblich an italienische Hochgeschwindigkeitszüge erinnern soll

Peugeot Boxer: Die neuen Transporter-Drillinge von Peugeot, Citroën und Fiat gibt es in Dutzenden von Konfigurationen

Fiat Ducato: Äußerlich unterscheiden sich die drei baugleichen Transporter lediglich durch die Markenlogos und - Ausnahme Fiat - durch Chromstreifen an der Fahrzeugfront
Nun können sich Paketversender, Schreinereien, Rohrverleger, und Landschaftsbauer auf drei neue Helden der Hinterhöfe freuen. Denn 25 Jahren und mehr als drei Millionen Fahrzeuge nach Beginn ihrer Kooperation bringen Fiat, Citroën und Peugeot nun die dritte Generation der Modelle Ducato, Jumper und Boxer an den Start. Wie immer spielen die Hersteller dieses Spiel mit vielen Karten: Weil es drei Radstände, vier Längen und drei Dachhöhen sowie die Wahl zwischen Kastenwagen mit und ohne Fenstern, Pritsche mit Einzel- oder Doppelkabine und Kleinbus gibt, wächst die Preisliste auf das Format eines kleinstädtischen Telefonbuches an. Die Brutto-Preise beginnen bei Fiat bei 22.968 Euro, Citroën verlangt für den kleinsten Kastenwagen 24.244 Euro, und bei Peugeot beginnt die Preisliste mit 24.708 Euro.
Zu erkennen ist die Neuauflage der Drillinge schon auf den ersten Blick. Anders als früher sind die Transporter keine kantigen Kästen mehr, sondern tragen eine abgerundete Schnauze mit dicker Lippe, über die das jeweilige Markenlogo und bei Fiat auch noch zwei Chromstreifen gesetzt sind. Allerdings kommt das Design nicht bei jedem gut an. So fragten einige Journalisten bei der Vorstellung des Jumpers, auf wessen Mist denn die hässliche Form gewachsen sei. Worauf hin die Citroën-Sprecher flugs vom Designwettbewerb der drei Marken berichteten und den schwarzen Peter nach Turin reichten. Dort allerdings feiert man den Ducato als Schönheit und zieht Parallelen zu den italienischen Hochgeschwindigkeitszügen, die den Kreativen ein Vorbild waren.
Die Neuen mischen in der Vier-Tonnen-Klasse mit
Doch die Autos sind Nutzfahrzeuge, sie werden wegen der Funktion und nicht der Form halber gekauft. Und da können die Drillinge einiges bieten. Um neue Zielgruppen zu erschließen und noch mehr Lasten zu schultern, sind Ducato, Jumper und Boxer eine halbe Nummer größer geworden und beim zulässigen Gesamtgewicht in die Vier-Tonnen-Klasse aufgestiegen. Die maximale Zuladung wuchs von 1,7 auf 2 Tonnen, das maximale Ladevolumen von 14 auf 17 Kubikmeter. Um die gleiche Menge mit einem Pkw zu transportieren, müsste zum Beispiel der Golf Plus dieselbe Strecke zwölfmal fahren.
Dazu gibt es größere Türen, serienmäßige Zurrösen im Laderaum sowie eine gegenüber dem Vorgänger um eine Handbreit tiefer gelegte Ladekante. Noch näher an den Boden kommt das Transportgut mit der optionalen Luftfederung für die Hinterachse: Sie gleicht nicht nur unterschiedliche Beladungszustände aus, sondern senkt den Wagen im Bedarf um nochmals bis zu acht Zentimeter ab.
Für Bewegung sorgen drei Dieselmotoren, die nun alle auf Commonrail-Technik umgestellt wurden und die Euro-4-Norm erfüllen. Auch wenn die Franzosen beim Motor in der goldenen Mitte ein eigenes Aggregat mit etwas weniger Hubraum einsetzten, ist die Leistungsskala der drei Vierzylinder mit zwei bis drei Litern Hubraum bei Ducato, Jumper und Boxer gleich. Sie beginnt bei 100 PS, geht weiter mit 120 PS und erreicht bei 157 PS ihre vorläufige Spitze. Bei Laufruhe und Fahrkomfort sind die Aggregate noch ein gutes Stück vom Pkw-Niveau entfernt. Doch Fiat berichtet stolz von bis zu 16 Prozent weniger Verbrauch und Wartungsintervallen, die auf 45.000 Kilometer verlängert wurden.
ESP gibt es nur für die teureren Varianten
Weil die Transporter gerade im Kurierdienst infolge spektakulärer Unfälle immer mal wieder in die Kritik geraten, haben die Entwickler auch an der Sicherheit gearbeitet und dem Fahrwerk viel Aufmerksamkeit gewidmet sowie die Bremsen stärker dimensioniert. Allerdings sind, anders als bei einigen deutschen Wettbewerbern, serienmäßig nur ABS und Bremsassistent an Bord. Das ESP reagiert nun zwar auch in Abhängigkeit vom Beladungszustand und hilft beim Anfahren am Berg, ist aber bei allen drei Marken nur den stärkeren Motor- oder den teureren Ausstattungsvarianten vorbehalten.
Zwar treten die drei Transporter auf dem Markt als Konkurrenten in direkten Wettstreit. Doch hinter den Kulissen herrscht bei den Partnern Friede, Freude, Eierkuchen. Denn in Zeiten, in denen Kooperationen wie die von Mercedes und Mitsubishi oder die von Ford und VW schneller platzen als Seifenblasen, ist eine nun schon fast drei Jahrzehnte währende Partnerschaft durchaus etwas Besonderes, lobt Fiat-Sprecher Claus Witzeck und spricht von einer seltenen Win-Win-Situation, weil wirklich jeder profitiere: Die Hersteller kommen auf hohe Stückzahlen und die Kunden zu günstigen Autos. Von Tom Grünweg
Quelle/Artikel: spiegel.de
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